Nachtsonett

Nachts trägt die Welt ein anderes Gesicht.
Nicht nur die Dunkelheit macht sie uns fremd,
Die Klänge, Düfte, klarer als im Licht –
Sie macht uns selbst auch frei von dem, was hemmt.

Was immer uns bei Licht belasten mag,
Bedeutend scheint, verliert nun an Gewicht;
Beschränkungen und Zwänge, die der Tag
Uns auferlegt – nachts gilt das alles nicht.

So ist die Nacht die Zeit all jener, die
Vom Schicksal nicht begünstigt und die nie
Im Licht, im Mittelpunkt des Lebens stehen:

Wenn all der Glanz der anderen erlischt,
Erwacht ein tiefer Friede, der sich mischt
Mit stillem Glück, für keinen sonst zu sehen.

September 2001
 
 

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