Glosse

– Eine Hommage an die Dichtung der Romantik –

Liebe denkt in süßen Tönen,
Denn Gedanken stehn zu fern.
Nur in Tönen mag sie gern
Alles, was sie will, verschönen.
(Tieck)

Rausch der zauberhaften Klänge,
Traumgebor’ner Melodie,
Ewig neuer Harmonie,
Die kein irdisch‘ Mund je sänge ...
Kopf, Verstand in Aporie:
Es vermag allein das Herz
Solchem Wunder wohl zu frönen,
Zu vergehn in süßem Schmerz,
Sich zu öffnen himmelwärts:
Liebe denkt in süßen Tönen.

Sie in Bildern einzufangen,
Ihr zu widmen ein Gedicht
Hieße, ihre Wahrheit nicht
Zu erfassen: ein Verlangen,
Welches nur durch Klänge spricht!
Es vermag sich nur zu zeigen
Uns in seines Wesens Kern,
Wenn Vernunft und Logik schweigen
Und der Seele sich verneigen,
Denn Gedanken stehn zu fern.

So ist schmerzlich unvollkommen
Jeder Vers, den ich je schrieb:
Sei sein Sinn mir noch so lieb,
Kann ich ihn doch nur verschwommen
Darin äußern – nur als Trieb
Seiner eigentlichen Größe.
Liebesworte, Denkanstöße
Nur die Liebe selbst versperr’n;
Sich zu geben eine Blöße
Nur in Tönen mag sie gern.

Darum will ich akzeptieren,
Daß ich niemals es vermag,
Mit den Worten, die ich sag‘,
Alle Welt mit Glück zu zieren.
Ehe ich mich weiter plag‘,
Anerkenn‘ ich froh den Sieg
Süßer Klänge, die versöhnen
Und die Lieb‘ mit Wahrheit krönen:
So kann einzig die Musik
Alles, was sie will, verschönen.

Januar 2002
 
 

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