Freitag, der 13.

Wieso ist diese Flasche Wein schon leer?
Hab‘ ich die etwa ganz allein getrunken?
Na ja, egal. Ich hole mir noch mehr.
Niemand kann sagen, ich sei schon betrunken.

Es ist nicht schlimm, daß ich nicht mehr ganz fest
Auf meinen Beinen stehe, sondern schwanke.
Der Schwindel gibt der Traurigkeit den Rest,
Ich habe Spaß – den ich dem Wein verdanke.

Ja wirklich, heute geht’s mir richtig gut –
Sonst hört man mich doch selten so viel lachen,
Und selten habe ich sonst auch den Mut
Zu reden, mich zu öffnen, frei zu machen:

Frei von dem Eindruck, jung und dumm zu sein;
Frei von der Angst, mich schrecklich zu blamieren;
Und frei von der Vergangenheit – der Pein,
Die alte Sehnsucht niemals zu verlieren.

Wo ist noch Wein? Ich denke noch zu viel.
Ja, ich geb’s zu, ich trinke seinetwegen.
Und heute abend bin ich erst am Ziel,
Wenn er es nicht mehr schafft, mich zu bewegen.

... Es war ein schöner Abend. Doch warum
Steh‘ ich jetzt hier, vor seiner Tür – betrunken?
Ich streichele die Klingel, –– dreh‘ mich um
Und gehe ... nie zuvor so tief gesunken.

Oktober 2000
 
 

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