Die Seele einer Katze

 

Die Seele einer Katze wohnt in mir.

Des Nachts, wenn alles schläft, dann wird sie wach

Und lebt ihr Katzenleben auf dem Dach

Des Alltags: edles, stolzes, schönes Tier.

 

Sie schuldet keinem Menschen Rechenschaft

Und Rücksicht; sie gehorcht, gehört allein

Sich selbst, ist unabhängig, muß es sein –

Denn aus der Freiheit zieht sie ihre Kraft.

 

Ihr Weg mag sinnlos scheinen, ohne Ziel.

Doch sie weiß ganz genau: sie irrt sich nicht,

Es ist der richtige. Und es gebricht

Ihr nicht an Mut zum Risiko, zum Spiel.

 

Sie kennt nicht Angst, nicht Sorge; und ihr Herz

Hängt nicht am Irdischen, an eitlem Glanz.

Und doch hat ihre Wertschätzung Substanz:

Sie kennt das Leben, kennt (wie ich) den Schmerz.

 

So streif’ ich durch die Nacht, instinktgebannt

Und dennoch frei. Ganz bei mir selbst. Privat.

Kreuzt lautlos eine Katze meinen Pfad,

Nick’ ich ihr zu: sie ist mit mir verwandt.

 

Mai 2003


 
 

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